Raumschiff Promet - Die Abenteuer der Shalyn Shan 01: Der Virenplanet
1.
Mit der Wucht eines Sternenbebens zerriss der Einsteinraum und spie eine Reiseblase aus. Beim Übertritt vom interstellaren Korridor des Überlichtflugs in die Normalmatrix des Raum-Zeit-Kontinuums wurden heftige Materie-Antimaterie-Reaktionen ausgelöst, die als Partikelschauer und Baryonenregen vergingen. Die schnauzenförmige Halbsphäre wetterleuchtete, gloste einige Millisekunden im ultravioletten und suboptischen Spektrum und fiel dann in sich zusammen. Schockwellen breiteten sich konzentrisch aus und teilten der Umgebung mit, dass sich ein nichtnatürlicher Ebenenübertritt ereignet hatte, schwächten sich aber in der Kubikwurzel der Entfernung ab und waren in einer Distanz von mehr als einem halben Dutzend Lichtstunden kaum mehr zu registrieren.
Die JEANNE D'ARC verließ das Parakon, fuhr die Kompaktschirme bis zum Anschlag hoch und schwenkte in den niederen Orbit des Planeten ein, der sich stumpfgrün - vergleichbar einer schimmeligen Orange - unter ihr drehte. Sie stieß eine Wolke von Nanosonden aus, die sich als Gitternetz in den verschiedenen Kugelschalen stationärer und elliptischer Umlaufbahnen verteilten. Dabei bildeten sie ein holistisches System von Relaisstationen, über das die JEANNE D'ARC trotz ihres flachen Orbits in Echtzeit mit jedem Punkt der Planetenoberfläche in Kontakt treten konnte. Außerdem dienten sie als multidimensionales Sensorium, das die grünliche Welt in allen Frequenzen der elektromagnetischen Erfassung überwachte. Sie selbst waren - dank Stealth-Beschichtung und einer Masse von jeweils nur wenigen Gramm - natürlich vollkommen unsichtbar.
Schließlich feuerte der Raumer eine Handvoll schwerer interplanetarischer Drohnen ab, die sich über den übrigen Planeten des Systems, sowie über den wichtigsten Monden der drei Gasriesen, positionierten.
Die JEANNE D'ARC korrigierte ihren Kurs leicht und stabilisierte sich dann auf einem nur 200 Kilometer hohen, nahezu kreisförmigen Orbit, der sie zwischen den 20. Breitengraden beider Hemisphären hin und her führte und gegenläufig zur Eigendrehung des Planeten orientiert war, so dass sie eine langgestreckte Sinuskurve über die gedachte Karte dieser Welt beschrieb. Ein Umlauf dauerte so kaum mehr als eine Stunde. Doch dank ihres Arsenals an externen Sensoren verfügte die JEANNE D'ARC bereits nach kaum zehn Minuten über eine Totalansicht des Planeten, die für die Oberfläche eine Auflösung von einem Zentimeter unterschritt und dank des rückkoppelnden interferenziellen Röntgensonars auch sein gesamtes Innenleben durchdrang.
Der Weltkörper, dem alle diese Anstrengungen galten, war etwas kleiner als Terra und hatte 0,85 Erdenmassen. Es gab keine Meere, nur einige größere Süßwasserseen. Entlang des Äquators bildeten sie eine zusammenhängende Seenplatte. Neunzig Prozent der Oberfläche bestanden aus festem Land, das vom Nullten bis zum 80. Breitengrad hinauf flach und von einer dünnen Vegetationsschicht bedeckt war. Die Pole waren eisfrei und karg; Millionen Quadratkilometer von windüberstrichenen Felsplateaus.
Die Atmosphäre war dünn, glich in ihrer Zusammensetzung aber weitgehend der irdischen. Ein Aufenthalt war möglich und konnte sogar recht angenehm sein. Die geringe Schwerkraft würde entspannend wirken. Die Atmung würde sich wie in einem Luftkurort beleben, vergleichbar etwa mit Davos oder Sankt Moritz. Die Welt war äußerst trocken. Vielleicht hatte der Mars so ausgesehen, einige Millionen Jahre, bevor er sich endgültig in die rote Staub- und Steinwüste verwandelt hatte, so wie die Menschheit ihn kannte und schließlich in Besitz nahm. Die Masse war einfach um einen winzigen, aber entsch