The Walking Dead 5
Eins
An jenem Morgen brauen sich zwei voneinander unabhängige und durchaus besorgniserregende Ereignisse unter der Oberfläche des alltäglichen Lebens in der abgebrannten Ortschaft zusammen - beides Probleme, die zumindest anfangs von den Einwohnern völlig unbeachtet bleiben.
Anhaltendes Hämmern und das Rattern von Motorsägen erfüllen die Luft. Stimmen erheben sich in einem geschäftigen Hin und Her über dem Wind. Die vertrauten Gerüche von brennendem Holz, Teerpech und Kompost werden auf der warmen Brise durch die Gassen getragen. Ein Gefühl der Erneuerung - vielleicht sogar der Hoffnung - klingt bei jeder Tätigkeit, bei jeder Handlung mit. Die drückende Sommerhitze wird erst in ein oder zwei Monaten über sie hereinbrechen, und die wilden Cherokee-Rosen stehen in voller Blüte in dichten Reihen entlang der stillgelegten Bahngleise. Der Himmel besitzt die ungeheuer klare H D -Qualität, die so typisch für die letzten Wochen des Frühlings hierzulande ist.
Ausgelöst durch den turbulenten Regimewechsel und der damit verbundenen Möglichkeit, eine demokratische Lebensweise inmitten dieser Trümmer zu führen, die die Seuche hinterlassen hat, haben sich die Überlebenden aus Woodbury, Georgia neu strukturiert - wie DNA , die sich zu einem robusteren, gesünderen Organismus vereint. Das kleine Städtchen, eine ehemalige Eisenbahnerstadt achtzig Kilometer südlich von Atlanta, wurde erst vor Kurzem zu ausgebrannten Häusern und heruntergekommenen, mit Müll übersäten Straßen reduziert. Lilly Caul ist einer der Hauptgründe dieser Renaissance. Die dünne, des Kämpfens müde, aber dennoch anmutige junge Frau mit ihren goldbraunen Haaren, deren Look an den eines Straßenköters erinnerte, und einem Gesicht in Form eines Herzens ist widerwillig zur Anführerin von Woodbury geworden.
Jetzt ist ihre Stimme in jedem Winkel des kleinen Städtchens zu hören, ihre Autorität wird vom Wind durch die Straßen und über die Wipfel von Eichen und Pappeln getragen, die die Promenade westlich der Rennbahn säumen. An jedem offenen Fenster, in jeder Gasse und in jeder Ecke der Arena ertönt sie. Lilly preist Woodbury mit dem Eifer einer Immobilienmaklerin an, die ein Haus in Florida mit eigenem Strandabschnitt an den Mann bringen will.
"Noch ist unsere sichere Zone klein, das will ich gar nicht abstreiten", gibt sie gegenüber einem unbekannten Zuhörer zu. "Aber wir werden die Barrikade einen Häuserblock weiter nach Norden erweitern. Und die hier vielleicht zwei oder drei Häuserblöcke nach Süden, sodass wir irgendwann mit einer Stadt in einer Stadt enden, einem sicheren Ort, an dem die Kinder auf der Straße spielen können - einem Ort, der, wenn alles gut geht, eines Tages völlig autark ist und nachhaltig bewirtschaftet wird."
Während Lillys Monolog durch sämtliche Winkel der Arena hallt - der Ort, an dem früher noch Wahnsinn in Form von blutigen Kämpfen auf Leben und Tod vorgeherrscht hat -, zuckt das verbrannte Gesicht einer dunklen Gestalt, die unter einem Gulli steckt, unkontrolliert vor sich hin. Es bewegt sich ruckartig in Richtung der Stimme - wie eine Satellitenschüssel, die sich auf ein Signal aus dem All ausrichtet.
Früher einmal war er ein schlaksiger Tagelöhner auf einem Bauernhof gewesen, durchtrainiert und schlank, mit strohblondem Schopf. Vor Kurzem aber, als Woodbury noch im Chaos versunken war und Feuer das Städtchen verwüsteten, fiel dieser verbrannte, reanimierte Leichnam durch einen kaputten Gulli, wo er unbemerkt eine ganze Woche verbracht und sich in der sauerstoffarmen, stinkenden Finsternis gesuhlt hat. Hundertfüßer, Käfer und Asseln krabbeln hektisch über sein fahles, totes Gesicht und seine zerfetzte, von der Sonne gebleichte Jeans - der Stoff ist schon so alt und abgewetzt, dass man ihn kaum von dem toten Fleisch der Kreatur unterscheiden kann.
Dieser verirrte Beißer, früher ein eingekerkerter u