Skulduggery Pleasant 2 - Das Groteskerium kehrt zurück
DIE SCHÖNE, DAS BIEST
Sie verließen das Sanktuarium und fuhren durch die Stadt, bis sie zu einer Straße mit hässlichen Mietshäusern kamen. Skulduggery parkte den Bentley und nachdem er sich seinen Schal umgewickelt und den Hut tief ins Gesicht gezogen hatte, stiegen sie aus.
"Du hast dich noch gar nicht zu der Tatsache geäußert, dass ich heute Nacht von einem Turm geworfen wurde", sagte Walküre, als sie die Straße überquerten.
"Bedarf es einer Äußerung?", fragte Skulduggery.
"Scapegrace hat mich von einem Turm geschmissen. Wenn das keine Äußerung wert ist, was dann?"
"Ich wusste, dass du klarkommst."
"Es war ein Turm !"
Walküre ging voraus in eines der Mietshäuser.
"Man hat dich schon von weiter oben hinuntergeworfen", erinnerte Skulduggery sie.
"Stimmt, aber du warst immer da, um mich aufzufangen."
"Dann hast du jetzt eine wichtige Lektion gelernt - dass ich auch einmal nicht da sein kann."
"Meiner Ansicht nach ist das eine Lektion, die man mir auch mündlich hätte erteilen können."
"Unsinn. Nur auf diese Art wirst du sie nie mehr vergessen."
Während sie die Treppe hinaufstiegen, entledigte Skulduggery sich seiner Verkleidung. Im zweiten Stock blieb Walküre plötzlich stehen und drehte sich zu ihm um.
"War das ein Test?", wollte sie wissen. "Ich weiß ja, dass ich noch Anfängerin bin, ein Neuling. Bist du zurückgeblieben, um mich auf die Probe zu stellen? Wolltest du sehen, ob ich es auch alleine schaffe?"
"So etwas Ähnliches. Nein, es war, um ehrlich zu sein, gar nichts in dieser Richtung. Mein Schnürsenkel war offen. Das hat mich aufgehalten. Deshalb war ich nicht da."
"Ich hätte sterben können, weil du dir den Schuh gebunden hast?"
"Ein offener Schnürsenkel ist nicht ungefährlich", erwiderte er. "Ich hätte stolpern können."
Sie starrte ihn an. Ein Augenblick verstrich.
"War nur ein Witz", sagte er schließlich.
Sie entspannte sich. "Ehrlich?"
"Ganz ehrlich. Ich wäre nie gestolpert. Dazu bewege ich mich viel zu graziös."
Er ging an ihr vorbei und sie schaute ihm finster nach, dann folgte sie ihm in den dritten Stock. Vor der mittleren Tür blieben sie stehen. Ein kleiner Mann mit einer seidenen Fliege öffnete und ließ sie ein.
Die Bibliothek war ein riesiges Labyrinth aus hohen Bücherregalen. Walküre hatte es geschafft, sich nicht weniger als elf Mal darin zu verlaufen. Skulduggery amüsierte sich immer königlich, wenn sie in einer Sackgasse stand oder, noch besser, wieder an ihrem Ausgangspunkt gelandet war, deshalb ließ sie ihn vorgehen.
China Sorrows erschien am Ende des Ganges. Sie trug einen dunklen Hosenanzug und hatte sich das Haar aus dem Gesicht gebunden. Als sie sie sah, blieb sie stehen und lächelte. China war die schönste Frau, der Walküre je begegnet war, allerdings hatte sie die Angewohnheit, Leute dazu zu bringen, sich beim ersten Blick in sie zu verlieben.
"Skulduggery", grüßte sie, "Walküre. Schön, euch zu sehen. Was treibt die geschätzten Ermittler des Sanktuariums erneut in mein bescheidenes Heim? Ich gehe doch recht in der Annahme, dass es sich um eine Angelegenheit des Sanktuariums handelt, oder?"
"Ganz genau", antwortete Skulduggery. "Und ich bin sicher, du weißt auch schon, weshalb wir hier sind."
Ihr Lächeln wurde geheimnisvoll. "Lass mich überlegen ... hat es etwas mit einem gewissen, kürzlich befreiten Baron zu tun? Du willst sicher wissen, ob ich irgendwelche besonders schlüpfrigen Gerüchte gehört habe."
"Und - hast du?", fragte Walküre.
China zögerte mit der Antwort, blickte sich um und lächelte dann wieder. "Lasst uns rübergehen zu mir", meinte sie, "dort können wir ungestört reden." Sie führte sie aus der Bibliothek und über den Flur in ihr luxuriöses Apartment. Nachdem Skulduggery die Tür hinter sich geschlossen hatte, setzte sie sich.
"Sag, Walküre", begann s