Ein perfider Plan
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Eine gut geplante Beerdigung
An einem hellen Frühlingsmorgen, dessen blasses Sonnenlicht weit mehr Wärme versprach, als der Tag dann zu liefern vermochte, überquerte Diana Cowper kurz nach elf Uhr die Fulham Road und betrat ein Beerdigungsinstitut.
Sie war nicht besonders groß, wirkte aber sehr zielstrebig. In ihren Augen, ihrem akkurat geschnittenen Haar und ihrem Gang lag eine heftige Entschlossenheit. Wenn man sie kommen sah, hatte man sofort den Wunsch, ihr auszuweichen und sie passieren zu lassen. Dabei hatte sie gar nichts Unfreundliches an sich. Sie war in den Sechzigern und hatte ein angenehmes, rundes Gesicht. Sie war teuer gekleidet, ihr heller Regenmantel stand offen und enthüllte einen rosa Pullover mit einem grauen Rock. Sie trug ein Perlenhalsband mit Edelsteinen, das wertvoll sein mochte oder auch nicht, und eine Reihe von Diamantringen, die auf jeden Fall teuer gewesen sein mussten. Es gab viele Frauen wie sie in den Straßen von Fulham und South Kensington. Sie hätte auch auf dem Weg zu einer Lunchverabredung oder einer Kunstgalerie sein können.
Das Beerdigungsinstitut hieß Cornwallis & Söhne. Es stand am Ende einer Häuserreihe, und der Name prangte in klassischer Schrift sowohl auf der Front als auch an der Seite des Hauses, so dass man ihn nicht übersehen konnte, egal aus welcher Richtung man kam. Eine große viktorianische Uhr verhinderte, dass die beiden Inschriften über der Eingangstür aneinanderstießen. Ihre Zeiger waren passenderweise um 11 Uhr 59 zum Stillstand gekommen: eine Minute vor Mitternacht. Unter dem Firmennamen stand, erneut in doppelter Ausführung, die Legende: Unabhängige Trauerhilfe und Bestattungen. Seit 1820 im Besitz der Familie. An der Straßenfront gab es drei Schaufenster. Zwei davon zeigten geschlossene Vorhänge, im mittleren lag ein aufgeschlagenes Buch aus Marmor, dessen Seiten die Inschrift trugen: Wenn Kummer kommt, dann kommt er einzeln nicht, er kommt in Bataillonen. Alle Holzteile, die Fensterrahmen und die Fassadenverkleidung waren in einem sehr dunklen Blau gestrichen.
Als Mrs Cowper die Tür öffnete, erklang ein Glöckchen, das an einem altmodischen Federmechanismus befestigt war. Sie betrat einen kleinen Empfangsraum mit zwei Sofas, einem niedrigen Tisch und einem Regal, in dem ein paar Dutzend Bücher standen, die schon deshalb besonders traurig erschienen, weil sie ganz ungelesen waren. Eine Treppe führte ins obere Stockwerk und ein schmaler Korridor in die hinteren Räume.
Sogleich kam eine stämmige Frau mit dicken Beinen und klobigen schwarzen Lederschuhen die Treppe hinunter. Sie lächelte höflich. Ihr Lächeln gab zu verstehen, dass dies eine schmerzliche, heikle Angelegenheit war, die man aber mit größter Ruhe und Effizienz erledigen würde. Ihr Name war Irene Laws. Sie war die persönliche Assistentin von Robert Cornwallis, dem Bestattungsunternehmer, und zugleich die Empfangsdame.
»Guten Morgen. Kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie.
»Ja. Ich möchte ein Begräbnis organisieren.«
»Sind Sie wegen jemandem da, der kürzlich gestorben ist?« Das Wort »gestorben« war durchaus bezeichnend. Nicht »verschieden«. Und nicht »dahingegangen«. Irene Laws hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, stets Klartext zu reden, da sie zu der Erkenntnis gekommen war, dass das am Ende weniger schmerzhaft für alle Beteiligten war.
»Nein«, erwiderte Mrs Cowper. »Es ist für mich selbst.«
»Ich verstehe.« Irene Laws zuckte nicht mit der Wimper - warum sollte sie auch? Es war durchaus nichts Ungewöhnliches, dass Leute ihre eigene Beerdigung regelten. »Haben Sie einen Termin?«, fragte sie.
»Nein. Ich wusste nicht, dass das nötig ist.«
»Nehmen Sie doch bitte Platz! Ich werde mal nachsehen, ob Mr Cornwallis Zeit hat. Kann ich Ihnen etwas anbieten? Tee oder Kaffee?«
»Nein, danke.«
Diana Cowper setzte sich, und Irene Laws verschwan