Französisch von unten
Kapitel 2
Juste Simon saß allein im Sitzungssaal. Der Bürgermeister und die beiden Beiräte waren inzwischen gegangen. Die Atmosphäre lastete noch immer drückend, dunkel und unerfreulich, und als läge ein Fels auf seiner Brust, sog er schwer Luft ein. Schemenhaftes Licht fiel in den Raum, es spielte mit den Staubteilchen.
Die Luft roch abgestanden, der Geruch von kaltem Kaffee gesellte sich dazu. Wie in Gottes Namen sollte er diese Ratsentscheidung seiner Ex-Frau beibringen? Die Zunge fragte sich das auch und klebte am Gaumen, das angeklebte gefühllose Fleischteil hinterließ einen pelzigen Geschmack und den Eindruck, dass es von nun an für alle Ewigkeit dort seinen Platz gefunden hätte. Es gab Dinge im Leben, die forderten den ganzen Mann. Mit oder ohne Zunge.
Marguerite, seine Ex-Frau, war ein zutiefst emotionaler Mensch und vor allen Dingen war sie ein Mensch, der Dinge nicht wortlos hinnahm. Fast nie. Das war mit ein Grund dafür, dass ihre Ehe nicht funktioniert hatte. Wäre Marguerite verstandesbetont, kühl und gradlinig gewesen, hätte es klappen können. Aber so ...
Juste strich über den trockenen Hals. Wie brachte man einem Menschen bei, der im günstigsten Fall als dynamisch zu bezeichnen war, dass er gerade den Arbeitsplatz verloren hat? Juste bemerkte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Bekam er etwa eine Gänsehaut? Er schüttelte sich, der Geist rebellierte, Emotionen waren eklig.
Rational musste die Angelegenheit überdacht werden, am besten eisig. Gefühllos kreiste er das Problem ein. Umrundete es. Gefrorenes bildete sich. Warum überhaupt sollte ausgerechnet er die schlechte Botschaft überbringen? Schulteranziehen und wieder fallen lassen - so ging es nicht. Die Hände zitterten. Es fiel ihm schwer, gleichmütig zu sein. Warum nur?
Juste kannte die Antwort: Es fiel ihm schwer, weil er Marguerite immer noch liebte und weil er sich entschieden hatte, die Scheidung zu ignorieren. Im Grunde war er immer noch verheiratet. Im Endeffekt spielte es ohnehin keine Rolle, ob er der Botschafter des Grauens war oder ein anderer, Marguerite würde schäumen und ihm einen Teil der Schuld übertragen, unabhängig davon, ob er schuldig war oder nicht.
Bürgermeister Laval hatte ganze Arbeit geleistet; Einstimmigkeit in der Entscheidung. Justes Augen bohrten sich in die dunkle Holzvertäfelung. Hatte Laval die beiden Stimmen gekauft? Oder waren die Beiräte einfach nur hinterherlaufende Abnicker ohne eigenen Willen? Sie trafen eine falsche Entscheidung, falsch für Arnaud und falsch für die Kinder. "Synergieeffekte", sagte Laval. Synergieeffekte, sie kosteten Marguerites Job. Einige Lehrer würden ebenfalls arbeitslos werden und die Köchin. Es gab genug Personal im Nebenort. Wie konnte ein Mensch mit einem Wimpernschlag über andere entscheiden? Dachte Laval überhaupt nicht nach? Oder gab es andere Gründe, warum die Ecole maternelle weichen musste? Gut, es stimmte, in Arnaud lebten immer weniger Kinder, genauso wie in Grenelle.
Aber warum ein großer Kindergarten in Grenelle? Warum nicht ein großer in Arnaud? In Grenelle musste man bauliche Veränderungen vornehmen, in Arnaud nicht. In Grenelle war das Haus teuer gemietet, in Arnaud im Besitz der Stadt, doch der Hauptgrund, der für Arnaud sprach, war, dass mehr Kinder in Arnaud als in Grenelle wohnten. Es wäre besser und logischer gewesen, so wenig wie möglich Eltern und Kinder mit einem Umzug zu belasten. Die Entscheidung war unlogisch!
Justes Zunge trocknete weiter vor sich hin, die Gefühllosigkeit wuchs und erreichte den graumelierten Schnauzbart. Um weiteren körperlichen Ausfällen vorzubeugen, wackelte er mit der Oberlippe. Sie war das Einzige, was sich im Zimmer bewegte, die Zeit im Raum schien sich im Gegensatz zu den Naturgesetzen nicht eindimensional vorwärts zu bewegen, sondern an Schwung zu verlieren.
Einhergehend mit dem Ende des Schnauzerwackelns br