Haven Brotherhood: Tempted & Taken
Kapitel 2
Frische Luft, Geschwindigkeit und gute Musik. Normalerweise konnte Knox sich darauf verlassen, dass diese Kombination selbst die übelste Laune oder das schlimmste Problem löste, aber heute klappte es nicht. Die Tatsache, dass er gerade ganze zehn Stunden Schlaf nach zwei Wochen voller Nickerchen hinter sich gebracht hatte, hätte dafür sorgen sollen, dass er in Bestlaune war. Stattdessen saßen ihm Schuldgefühle mit dem Charme eines Sensenmanns im Nacken. Verdammt, dieser dunkle und düstere Drecksack könnte genauso gut seine Sense einsetzen und ihn ausweiden, wenn er schon mal dabei war. Gott allein wusste, dass er das Gleiche gerade bei einem süßen Mädel getan hatte, das in den letzten sechs Monaten dafür gesorgt hatte, dass er ein halbwegs normal funktionierender Mensch geblieben war.
Er lenkte seinen aufgemotzten Audi Roadster vom Highway 75 auf eine Anliegerstraße. Das Verdeck war heruntergeklappt, sodass der Wind ihn von allen Seiten traf. Marcy Playgrounds "Sex and Candy" dröhnte durch das Innere des Autos und übertönte den Verkehrslärm am späten Montagmorgen. Was er tun musste, war, seinen Kopf aus seinem Arsch zu ziehen, und zwar pronto. Auf keinen Fall wollte er mit wirrem Hirn das Haus eines Zielobjekts durchsuchen, und er brauchte sofort Informationen über eine gewisse JJ Simpson.
Einen Block von JJs Wohnung entfernt stand Becketts unauffälliger weißer Chevy am Straßenrand. Alle fünf Autos, die sie für die Beschattung von Leuten benutzten, waren gleich, hatten nur unterschiedliche Farben, wobei dieser hier dringend eine Fahrt durch die Waschanlage nötig hatte. Er war auch weit entfernt von Becks bevorzugtem Fortbewegungsmittel - einem restaurierten 1970er Corvette-Cabrio in Paradiesapfelrot.
Knox parkte sein himmelblaues Auto hinter Beckett. Über den Parkplatz hinweg war JJs Wohnung im ersten Stock kaum einsehbar. Die hellbraune Farbe des Gebäudes eignete sich gut dafür, das Alter der Anlage zu übertünchen, und die dichten Hecken, die die Häuser umgaben, verliehen dem Ganzen ein wenig Farbe. Aber alles in allem wirkte das Äußere sehr steril.
Die Frau war ein Rätsel. Nachdem er vor ein paar Monaten seinem Bruder Trevor geholfen hatte, hatte er etwas tiefer gegraben, um mehr über die mysteriöse private Fahnderin herauszufinden. Das Resultat war die Erkenntnis, dass ihre Online-Aktivitäten vor ungefähr anderthalb Jahren fast eingestellt worden waren. Schlimmer noch - es gab widersprüchliche Fotos, die er zu derselben Jeannie "JJ" Simpson zurückverfolgt hatte. Dann hatte sie ihn dazu gezwungen, die Notwendigkeit von Informationen deutlich hochzustufen, indem sie ihn wegen einer angeblichen Geschäftsidee kontaktiert hatte. Falls sie das ernst meinte, würde er ihr zuhören. Aber wenn ihre sogenannte Geschäftsidee auch nur den Hauch eines Erpressungsversuches der Bruderschaft enthielt, wollte er genügend Druckmittel besitzen, um sie auf ihren Platz zu verweisen. Außerdem war er ganz einfach neugierig. Es gehörte verdammt viel Können dazu, sich vor ihm zu verstecken, wenn er in der Stimmung war, nachzubohren - und bei ihr hatte er tief gebohrt.
Knox behielt den Blick weiter auf den Treppenabsatz vor JJs Tür gerichtet und eilte zu Becks Chevy. Die Zentralverriegelung öffnete sich zwei Sekunden, bevor sich Knox' Finger um den Türgriff schlossen, und ein Schwall kühler Luft erfüllte den Julimorgen, als er die Tür aufmachte. Er glitt auf den Beifahrersitz und zog die Tür zu. "Du weißt schon, dass diese Dinger mit einem automatischen Thermostat ausgerüstet sind?"
"Ich mache dir doch auch nicht die Hölle heiß, dass man sich die Eier in dieser vierrädrigen Rakete verkokelt, die du Auto nennst, oder?"
Dieser gottverdammte Beckett. Sämtliche Brüder machten ihm wegen seines Audi das Leben schwer, besonders weil alle ihre Trucks, Luxussportwagen oder Spezialanfertigungen liebten. Er würde ihn dennoch nie eintauschen. Allein die Fa