Kloster, Mord und Dolce Vita - Eine rätselhafte Beichte
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Obwohl Isabella frisch aus der Dusche kam, haftete an ihr noch immer der Geruch von Zitronen. Es störte sie nicht - im Gegenteil! Sie bekam von diesem Duft einfach nicht genug. Er verfrachtete sie gedanklich zurück in ihre alte Heimat.
Ihre Großeltern hatten eine eigene kleine Zitronenbaumplantage besessen, direkt hinter dem Haus. Isabella und ihr Bruder Andrea hatten einen großen Teil ihrer Kindheit in diesem Garten verbracht. Und noch immer strömten die unterschiedlichsten, längst verloren geglaubten Erinnerungen auf sie ein, wenn sie Zitronen roch.
Im Hause Martini wurde jedem Gericht Zitrone hinzugefügt - und wenn es nur ein Spritzer war. Ihre Oma hatte ihr beigebracht, dass die Zitronensäure jedes Essen verfeinert. Zu gerne erinnerte sich Isabella an Omas selbst gemachtes Zitroneneis. Ein besseres hatte sie nie wieder gegessen.
Nach der heutigen Olivenernte war sie eine ganze Weile durch das angrenzende Feld mit den Zitronenbäumen gewandert, deren tiefgelbe Früchte an den knorrigen Ästen hingen. Darauf bedacht, sich nicht von den wild summenden Bienen stechen zu lassen, die zahlreich um die Bäume herumschwirrten, hatte sie ein paar besonders saftige Früchte vom Baum gepflückt, um sie Schwester Hildegard in die Küche zu bringen.
Die Zitronen in ihren Händen hatten sich rau angefühlt. Auf dem Weg von den Obstplantagen bis zum Kloster hatten sie solch ein Aroma versprüht, dass sie nicht nur von einer Schar Bienen begleitet worden war, sondern sich der intensive Zitrusduft tief in ihren Poren eingenistet hatte.
Und wenn schon, dachte sie. Es gibt weitaus schlimmere Gerüche. Allerdings hatte sie beim Duschen so viel Zeit vertrödelt, dass sie sich nun sputen musste.
Mit nassen Haaren unter ihrem Schleier eilte sie in die Klosterkirche. Die Äbtissin hatte ihr aufgetragen, die Sitzbänke noch vor dem Stundengebet, der Non, vom sandigen Staub zu befreien. In den letzten Tagen war ein heftiger Wind über Santa Caterina hinweggefegt, der den Sand von der Küste kilometerweit ins Landesinnere getragen hatte.
Bewaffnet mit einem Besen, Putztuch und einem halb vollen Eimer Wasser durchschritt sie den Kreuzganghof und zog die schwere Holztür zum Hauptportal auf. Bunte Sonnenstrahlen drückten sich in dicken Linien durch die hohen Glasfenster und tauchten die kleine Kirche in ein beinahe mystisches Licht. Es war immer wieder aufs Neue ein atemberaubender Anblick.
Als sie die Tür hinter sich schloss und ins Mittelschiff trat, hielt sie kurz inne, weil eine Gestalt in der vorderen Reihe kniete, die Hände betend gefaltet.
Sie fuhr herum, als Isabella näher trat. »Hallo, Schwester!«
Isabella blickte in das freundlich lächelnde Gesicht eines Mannes, der nicht älter zu sein schien, als sie es war.
Er richtete sich auf und quetschte sich mühsam aus der Kirchenbank heraus. »Verzeihen Sie, bitte«, begann er, obwohl es doch gar nichts zu verzeihen gab. »Ich wollte die Ruhe nutzen und ...«
»... beten«, sagte Isabella, woraufhin er dankbar nickte.
»Genau, ja. Ich heiße Antonio.« Er streckte ihr die Hand entgegen. »Antonio Melani.«
»Es freut mich, Sie kennenzulernen, Antonio.« Der Mann hatte einen kräftigen Händedruck. Seine Hand fühlte sich rau an und erinnerte Isabella an die Schale einer Zitrone.
Von den groben Arbeitshänden abgesehen, wirkte er jungenhaft. Er hatte ein auffallend hübsches Gesicht und klare hellblaue Augen, die sie aufmerksam betrachteten. Sie standen im Kontrast zu seiner braun gebrannten Haut. Man sah ihm an, dass er ein Mann war, der sich viel im Freien aufhielt und sein Geld mit körperlicher Arbeit verdiente.
»Ich hoffe, es ist kein Problem, dass ich hier hereingeplatzt bin. Aber ich wollte alleine sein.«
Er sah an sich herab und strich sich über das schmutzige Hemd, auf dem sich zahlreiche dunkle Flecken abzeichneten. Isabella kannte die