Alma & Jasmin
Jasmin
Vorsichtig öffnete ich ein Auge. In meinem Kopf dröhnte es, als ob ein wild gewordener Bautrupp darin mit Presslufthämmern meine Schädeldecke bearbeitete. Ich richtete mich auf, was das Hämmern noch unerträglicher machte, und sah mich um. Oh Mann. Letzte Nacht ... Wie hieß der Kerl neben mir gleich noch mal? Marko? Mirko? Mike? Gestern Nacht hatte ich es noch gewusst. Gestern Nacht hatte der Typ auch irgendwie noch besser ausgesehen. Und älter. Er war garantiert noch Student, auf dem Fußboden lagen Bücher und Zettel mit Notizen und Formeln herum und ein Kalender, auf den jemand für den kommenden Montag Referat eingetragen hatte. An der Wand prangte ein Poster mit den dicklichen Männchen von South Park . Daneben ein Herr der Ringe -Filmplakat. Wo hatte ich gestern Abend nur meinen Geschmack gelassen? Wahrscheinlich in Caipirinha ertränkt. Und meinen Verstand gleich noch mit dazu, denn diesen One-Night-Stand hätte ich mir echt sparen können.
Ich versuchte, mich vorsichtig aus der Umarmung des Typen zu befreien, der mich wie ein Affenbaby umklammert hielt und laut schnarchte. Wenn ich nicht gleich ein Glas kaltes Wasser und ein Aspirin auftrieb, würde ich sterben. Der Kerl neben mir - Mario? Moritz? Markus? - grunzte und wickelte seinen Arm im Schlaf noch fester um mich.
Ich überlegte, ob ich einfach schnell abhauen sollte. Meine Klamotten lagen überall verstreut auf dem Boden herum, meine Stiefel umgekippt neben meiner wild verdrehten Strumpfhose, als hätten sich meine Kleidungsstücke letzte Nacht verselbstständigt und eine ausgelassene Orgie miteinander gefeiert. Mein bester BH , der teure von Prada, hing an der Türklinke. Eine komplette Verschwendung übrigens. Für diese stümperhafte Nacht hätte es auch das mausgraue Baumwollteil getan, das ich mir im Ausverkauf bei H&M gekauft hatte. Schließlich gelang es mir, mich aus der Umklammerung herauszuwinden, doch dann fiel mir der gähnend leere Kühlschrank in meiner Wohnung ein. Und meine blöde Kaffeemaschine, die sich seit Neuestem in einen zickigen, zischenden Vulkan verwandelte, sobald man sie anschaltete, eine ungenießbare körnige Brühe produzierte und dringend ersetzt werden musste. Apropos Kaffee ... Roch es hier nicht nach frisch gebrühtem Kaffee? Maurice oder Max hatte offenbar schon Kaffee für uns gekocht und war dann wieder eingeschlafen.
"Hey du", sagte ich und rüttelte ihn leicht. Er röchelte.
Dann eben nicht. Ich stand auf. Ein Glas kaltes Wasser, einen Kaffee und dann nichts wie weg hier. Ich stieg, so wie ich war, über meine Klamotten und ging aus dem Zimmer. Im Flur war es dämmrig, wo war der blöde Lichtschalter? Egal. Benommen tappte ich dem einzigen Licht entgegen, das unter einer Tür hervorquoll, und stieß dabei gegen einen Garderobenständer. Eine Pelzjacke segelte auf mich herunter. Eine Pelzjacke? Meine Güte, der Typ war ja noch bescheuerter, als ich geglaubt hatte. Ich öffnete die Tür, hinter der ich die Küche vermutete, und blieb wie angewurzelt stehen. Ein Mann und eine Frau Mitte fünfzig saßen dort an einem Frühstückstisch, ihre Köpfe fuhren herum und die Frau stieß einen spitzen kleinen Schrei aus.
"Wa...", setzte ich an. Wer zum Geier war das?
"Moin, die Dame." Der Mann grinste mich an, er trug ein rot-weiß kariertes Hemd, hatte eine Hornbrille auf und die aufgeschlagene BILD -Zeitung vor sich liegen.
"Eckbert!", fauchte die Frau, um dann übergangslos und laut wie eine Sirene "Marcel? Marcel? Marcel?" zu rufen.
Marcel - so hieß der Typ im Schlafzimmer, schlagartig fiel es mir wieder ein. Ich verschränkte hastig die Arme vor der Brust - als ob das noch irgendwas nützte - und trat die Flucht an, zurück in das Schlafzimmer, wo dieser Marcel inzwischen aufgewacht war und sich gerade fluchend in seine Boxershorts strampelte.
"Scheiße, Mann, du kannst doch nicht einfach nac