Das Weihnachtswunder von Westwood
2. Kapitel
Während Duncan auf seine Antwort wartete, griff sich Annie einen Küchenstuhl, schleifte ihn zum Kühlschrank und kletterte darauf. Sie langte in den darüber hängenden Schrank, zog eine Schachtel ballaststoffreiche Frühstücksflocken hervor und aus dieser wiederum einen durchsichtigen Plastikbeutel voller orangefarbener und brauner M&Ms.
»Was machen Sie da?«, fragte er und überlegte, ob der ganze Stress sie zum Durchdrehen gebracht hatte.
»Das ist meine Notration. Ich wohne hier mit drei anderen Frauen zusammen. Wenn Sie glauben, dass offen herumliegende Schokolade hier mehr als fünfzehn Sekunden überlebt, liegen Sie falsch.« Sie nahm sich eine Handvoll, dann tat sie die Plastiktüte wieder in den Karton und schob ihn in den Schrank.
»Wieso haben die alle nur die zwei Farben?«
Sie sah ihn an, als wäre er der letzte Vollidiot, und kletterte vom Stuhl herunter. »Die sind noch von Halloween. Ich habe sie am ersten November gekauft, da kosten sie nur halb so viel. Das ist die ideale Zeit, um heruntergesetzte Süßigkeiten zu kaufen. Und schmecken tun sie genauso gut. Ich habe eine Schwäche für M&Ms.« Sie warf sich zwei in den Mund und seufzte erleichtert auf. »Jetzt geht's mir besser.«
Okay, das ist jetzt tatsächlich etwas seltsam, dachte er. »Sie hatten doch vorhin ein Glas Wein in der Hand. Wollen Sie nicht lieber das trinken?«
»Statt Schokolade zu essen? Nein.«
Sie stand da, in einem unförmigen blauen Pullover, der dieselbe Farbe wie ihre Augen hatte, und einem gemusterten Rock, der ihr bis zu den Knien ging. Ihre Füße waren nackt und er stellte fest, dass sie sich kleine Gänsefüßchen auf die Zehen gemalt hatte. Abgesehen davon war Annie McCoy rein zweckmäßig gekleidet. Kein Make-up, keinerlei Schmuck, der diesen Namen verdient hätte. Nur eine schlichte, alles andere als wertvoll aussehende Uhr am linken Handgelenk. Ihr lockiges Haar hatte eine ansprechende Farbe - verschiedene Schattierungen von Gold - und fiel ihr bis über die Schultern. Sie war offensichtlich keine Frau, die viel Zeit auf ihr Aussehen verwendete.
Das war völlig in Ordnung für ihn - an ihrem Äußeren ließ sich leicht etwas ändern. Sehr viel wichtiger war ihr Charakter. Nach allem, was er in den letzten zehn Minuten von ihr mitbekommen hatte, war sie mitfühlend und fürsorglich und ließ sich stets von ihrem Herzen leiten. Mit anderen Worten: eine Loserin. Was in dem Fall eine gute Nachricht für ihn war. Denn eine sentimentale Wohltäterin war genau das, was er jetzt brauchte, damit seine Vorstandsmitglieder ihn eine Weile in Ruhe ließen und er währenddessen die volle Kontrolle über seine Firma wiedererlangen konnte.
»Sie haben meine Frage nicht beantwortet«, erinnerte er sie.
Annie seufzte. »Ich weiß. Hauptsächlich weil ich immer noch nicht weiß, was Sie eigentlich von mir wollen.«
Er deutete auf die wackeligen Stühle, die um den Tisch herumstanden. »Setzen wir uns doch.«
Das hier war ihr Haus - eigentlich stand es nur ihr zu, ihn einzuladen, Platz zu nehmen. Doch Annie zog widerstandslos ihren Stuhl zum Tisch herüber und ließ sich darauffallen. Es wäre ein Gebot der Höflichkeit gewesen, ihm ein paar ihrer sorgsam gehüteten M&Ms anzubieten, aber sie hatte das Gefühl, dass sie sie später noch brauchen würde.
Er nahm ihr gegenüber Platz und stützte seine muskulösen Arme auf dem Tisch ab. »Ich führe ein Unternehmen«, begann er. »Patrick Industries.«
»Bitte sagen Sie mir, dass es sich um ein Familienunternehmen handelt«, sagte sie, ohne nachzudenken. »Sie haben es geerbt, oder? So ein Egomane sind Sie doch nicht, dass Sie es nach sich selbst benannt haben?«
Sein Mundwinkel zuckte. »Wie ich sehe, verleiht die Schokolade Ihnen Mut.«
»Ein bisschen.«
»Ich habe das Unternehmen geerbt, als ich noch studiert habe. In den letzten fünfzehn Jahren habe ich es aus der Bedeutungslosigkeit geholt und zu einem