Der Fluch des Goldes
Fünfter Eintrag der privaten Notizen des Conde Don Ricardo de Molinar, Conquistador und Capitan admiral, niedergeschrieben von ihm selbst.
Worin ich berichte, was sich wirklich und wahrhaftig zugetragen hat bei jener besonderen Mission, womit ich betraut von Seiner allergnädigsten Majestät Karl, König von Spanien.
Ines, Geliebte!
Unser Aufbruch und der Versuch, über den mächtigen Fluss ins Innere des Landes zu gelangen, liegt drei Tage zurück. Doch das Fortkommen dauert mir zu lange. Ich habe die Männer auf das Schiff zurückbeordert. Bisher haben wir gute Fahrt gemacht, denn das Wasser ist tief und breit genug, um bequem zu kreuzen und dabei den Wind mannigfaltig zu nutzen.
Zuvor hielt ich Rat an Deck über das weitere Vorgehen der Expedition. Mein Vetter Enrique Garcia de Molinar und Jago de Tovar werden zusammen mit drei Dutzend tercios auf der Aragón bleiben. Sie sollen mit dem Schiff an die Küste zurückkehren, um dort zu schanzen und eine Festung zu errichten. So sind wir gegen feindliche Angriffe geschützt und haben ein erstes Bollwerk errichtet, darauf das Banner Seiner Majestät und die Farben Spaniens wehen werden.
Weiter sollen sie Vorräte anlegen von allem, was das neue Land bereithält: Wildbret und Fisch, wildes Getreide und Früchte und Gemüse, so dort welche wachsen, die unseren Gaumen munden.
Ich selbst werde mit einer Schar ausgesuchter Leute und dem anderen Schiff, der Santa Luìsa, dem großen Küstenwasser erneut folgen, soweit es Wassertiefe und günstiger Wind zulassen.
Um de Tovar tut es mir Leid, denn ich schätze ihn und sein feines Benehmen und seine edle Gesinnung. Aber ich lasse ihn zurück, weil er das Land kennt und uns notfalls zu Hilfe eilen kann, sollten es die Umstände verlangen. Um meinen Vetter mach ich mir weniger Gedanken. Seine Rohheit würde sogar den Teufel in der Hölle frieren lassen. Auch deshalb habe ich ihn noch nicht eingeweiht, denn er würde meine Beweggründe nicht verstehen. Nicht, dass es ihm an dem Gefühl für Ehre und Treue gegenüber Spanien mangelt, aber seine Gründe für diese Reise sind doch von ganz anderer Natur als die meinen. Wir würden uns nicht verstehen, aber wir brauchen einander und sind in diesem Land auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen. Vor meinem Aufbruch habe ich ihn zum Capitan admiral und damit zu meinem Stellvertreter ernannt. Dies natürlich in der Hoffnung, dass eigentlich Jago de Tovar ihn und die Männer mit Geschick führt, sollte dies erforderlich sein.
Don Ricardo de Molinar
Conquistador und Capitan admiral
gezeichnet und gesiegelt von eigener Hand
am 3. Juni 1518.
In gereizter Stimmung, die sich eigentlich von seiner stetig schlechten Laune nicht sonderlich unterschied, hatte der Conde Enrique de Molinar all seine Hauptleute um sich versammelt. Die Männer standen schweigend, voller Erwartung, was ihr Anführer zu dieser seltsamen Begebenheit sagen würde. Wie fast alle Zeit bisher, war er den ganzen Tag über nicht aus seiner Behausung hervorgekommen. Seit ihrer Ankunft vor fast einem halben Jahr war er auf dem Schiff nur noch selten zu sehen, denn in seiner Kajüte war es heiß und stickig. Er hatte sich an Land unweit einer Baumgruppe eine Hütte bauen lassen, die er nur in den Abendstunden verließ. Seine anfängliche Ungeduld hatte sich bald gelegt und war einem Gefühl gewichen, welches nur schwer unterscheidet zwischen ganz gewöhnlicher Faulheit und einer ständigen Schwermut.
»Caballeros! Der Kerl aus dem Urwald ist einer von uns. Zweifelsohne von der Santa Luìsa. Wissen möchte ich wohl, was ihm widerfahren. A