Die Halskette von Worms
Das Schmuckstück
Jedes Mal, wenn ich Julia Marcellas Villa ansteuerte, bekam ich ein flaues Gefühl im Magen. Bestimmt würde mein Besuch wieder einmal völlig anders als geplant verlaufen. Obwohl am Himmel dunkle Wolken aufzogen und ein kalter Wind durch die Gassen fegte, verlangsamte sich meine Geschwindigkeit, je näher ich dem Ziel kam. Schließlich bummelte ich nur noch und blieb vor den Auslagen jedes Handwerkers oder Gemüsehändlers stehen. Doch trotz aller Verzögerungsversuche rückte die Villa unerbittlich näher. Als ich sie in ihrer ganzen Pracht vor mir liegen sah, bedauerte ich, mir unterwegs keinen Schluck Wein genehmigt zu haben. Ich hatte mich nämlich dazu durchgerungen, Pina, der Schwester der Hausherrin endlich einen Heiratsantrag zu machen. Damit mir dabei niemand in die Quere kam, begleitete mich mein Leibsklave Cicero, der die Dienstboten von uns fernhalten sollte.
Vor der Tür hielt ich inne und fuhr mir nervös durchs Haar, doch es war so kurz geschoren, dass es gar nicht in Unordnung geraten konnte. Dann fasste ich mir ein Herz und klopfte an. Es dauerte noch länger als sonst, bis endlich die Haustür aufgezogen wurde und wie üblich wollte mich der bullige Türsteher nicht einlassen.
»Ich möchte mit Pina sprechen«, verkündete ich und stellte den Fuß in die Tür.
»Sie ist nicht da«, erwiderte Julia Marcellas Wächter unwirsch wie immer und bewegte sich nicht von der Stelle.
Das Gefühl bitterster Enttäuschung stieg in mir auf, denn gewöhnlich war das Mädchen am späten Vormittag zu Hause. Außerdem war es bereits der zweite Anlauf, mich zu erklären. Zwei Tage zuvor hatte man mich mit der Auskunft vertröstet, Pina sei gerade auf Verwandtenbesuch. Dabei hatte keine der beiden Schwestern jemals weitere Familienmitglieder erwähnt.
»Da kann man nichts machen«, murmelte ich und blieb einen Augenblick unschlüssig auf der Schwelle stehen.
Als ich mich gerade zum Gehen wandte, huschte die Kammerdienerin der Hausherrin vorbei. Bei meinem Anblick hielt sie in der Bewegung inne und bedachte mich mit einem einfühlsamen Lächeln.
War es schon so weit gekommen, dass die Dienerschaft mich bemitleidete?
»Sie muss bald vom Markt zurückkommen. Willst du nicht solange im Atrium warten?«, bot mir das unscheinbare Mädchen an, worauf der Türsteher zwar das Gesicht verzog, dann jedoch endlich zur Seite trat.
Als ich eintrat, stieg mir der Geruch von geschmortem Fleisch verführerisch in die Nase. Ich wollte lieber nicht wissen, worum es sich handelte, denn ich hatte gewisse Vorbehalte gegenüber der gallischen Kochkunst. Zwar hatte man mir versichert, dass die Einheimischen keine Hunde mehr verspeisten, aber man konnte nie wissen, wie hartnäckig sich die alten Bräuche hielten. Aus dem Flügel, in dem sich Julia Marcellas Privaträume befanden, drangen Stimmen. Ich konnte nicht einmal unterscheiden, ob es Männer oder Frauen waren, die redeten, sondern vernahm nichts als das Murmeln einer fernen Unterhaltung. Ich konnte nur hoffen, dass kein Verehrer Pinas älterer Schwester seine Aufwartung machte.
Ohne genauere Weisungen abzuwarten, machte sich Cicero auf den Weg zur Küche, wo mein schmächtiger Leibsklave immer verwöhnt wurde. Dabei war es eigentlich seine Pflicht, mir bei öffentlichen Auftritten und Besuchen nicht von der Seite zu weichen. Ich sagte mir, dass ich einfach zu warmherzig sei, hielt ihn aber nicht auf, da er in der Küche mit dem neuesten Hausklatsch versorgt wurde. Die meisten Menschen reden im Beisein ihrer Sklaven als ob diese nicht vorhanden wären, weshalb ich Cicero immer ermahnte, sich alles zu merken, was ihm zu Ohren kam.
Während der Ermittlungen zu meinem letzten Fall hatte ich eine Woche lang in der Villa logiert. Seitdem verlief ich mich nicht mehr in den Zimmerfluchten und fand das Atrium ohne fremde Hilfe.
Es war ein quadratischer Innenhof mit Wasserbecken, der von Blumenkübeln gesäumt war. Irritiert bemerkte ich,