Eine Liebe in Frankreich
Kapitel 1
Julien Montellet unterbrach die Konferenz und ordnete eine viertelstündige Erfrischungspause an. Er wusste, dass er seine Gesprächspartner nicht überfordern durfte. Einige waren hochbetagt und hatten Mühe, dem schnellen Wortwechsel, dem Tempo der Argumente und Gegenargumente, den Vorschlägen und Abmachungen zu folgen. Aber gerade auf die Meinung der Alten, alles loyale und rechtschaffene Geschäftsleute, legte er größten Wert, denn sie waren es, die das Konsortium, das er schon so lange anstrebte, endlich ins Leben gerufen hatten. Außerdem schätzte er ihre jahrzehntelange Erfahrung, die sie in die Arbeit einbrachten.
Während zwei junge Frauen von einem Cateringservice Getränke und Horsd'oeuvres herumreichten, ging Julien in sein Büro, um einige Telefonate zu erledigen. Als er das Vorzimmer betrat, kam ihm seine Sekretärin Claudine aufgeregt entgegen.
"Ich wollte Sie nicht in der Sitzung stören, Monsieur Montellet, aber Sie sollten unbedingt den Wetterbericht hören. Seit einer Stunde gibt die Seewetterwarte von Port de Bouc überaus beängstigende Sturmwarnungen für die Camargue durch." Sie reichte ihm zwei Seiten Papier. "Ich habe alle Meldungen für Sie ausgedruckt."
"Lassen Sie sehen."
Während Julien die Seiten überflog, stellte Claudine das Radio lauter. Denn der Sender gab die Sturmflutwarnung gerade erneut durch.
"Stellen Sie eine Verbindung zum Gut her, und sagen Sie Jacques, er soll mit dem Wagen in der Tiefgarage auf mich warten."
Julien ging in sein Büro, griff nach seinem Terminkalender und rief ins Vorzimmer: "Sagen Sie bitte sämtliche Termine für die nächsten Tage ab, Claudine. Ich werde sicher nicht zu erreichen sein."
Ein paar Minuten später stellte die Sekretärin Maurice, den Verwalter seines Anwesens, zu ihm durch. Maurice war ein älterer, sehr gewissenhafter Mann, der bereits seit vielen Jahren für Julien arbeitete und wusste, was er zu tun hatte.
"Wir haben alle Maßnahmen nach Plan eingeleitet, Monsieur", erklärte er in höflichem Ton. Claude ist mit allen verfügbaren Männern seit der ersten Meldung am frühen Morgen unterwegs. Sie wollen versuchen, die Rinderherden zum Mas des Iscles zu treiben, damit sie die Wasser nicht erwischt. Das ist die höchste Erhebung, sagt Claude, die in der kurzen Zeit zu erreichen ist. Er hofft, dass auch einige der Wildpferde mitlaufen."
"Die Pferde, die an den Seen an der Küste sind, werden das vielleicht nicht schaffen", sagte Julien und zog dabei verärgert die Stirn in Falten. Warum war er gerade jetzt nicht auf seinem Anwesen, wo er so dringend gebraucht wurde.
"Claude will es versuchen", beruhigte ihn der alte Mann. "Er hat die Hirten und ihre Pferde mit den Transportern bis zum Ende der befahrbaren Straße bringen lassen. Von dort aus haben sie mit dem Treiben angefangen. Sie sind bereits seit Stunden unterwegs, Monsieur. Ich glaube, sie schaffen das."
"Wie ist das Wetter im Augenblick bei Ihnen, und welche Richtung wird der Sturm nehmen? Weiß man das schon?"
Julien sah aus dem Fenster und konnte kaum fassen, dass hier in Marseille, kaum hundert Kilometer weiter westlich, ungetrübtes heißes Sommerwetter herrschte, während in der Camargue ein Unwetter bevorstand.
Maurice unterbrach seine Gedanken: "Im Augenblick ist hier alles ruhig, unheimlich ruhig, Monsieur. Es ist sehr diesig, und die Sonne durchdringt nur mühsam den Dunst. Und heiß ist es, unglaublich heiß. Über die Richtung, die der Sturm nehmen wird, ist noch nichts durchgesagt worden: Aber es scheint, als käme er direkt auf uns zu."
"Rufen Sie die Wetterstation in Port de Bouc stündlich an, und geben Sie Alarm für das gesamte Gut. Die Häuser müssen gesichert und die Frauen und Kinder der Hirten sowie der Landarbeiter in Sicherheit gebracht werden. Am besten lassen Sie sie aufs Festland bringen. Erklären Sie ihnen, dass die großen Seen und das Schwemmland vielleicht einen beachtlichen Teil der an