Mordsacker
Kapitel 2
Mein Gatte machte Anstalten, wieder in seinem Garten zu verschwinden. Ein Zeichen dafür, dass er keinesfalls mit mir reden wollte und sich lieber todkrank in die Natur schleppte. Ein Punkt, in dem wir uns im Moment einig waren.
Seit dem Vorfall herrschte Funkstille zwischen uns. Wir redeten zwar miteinander, aber eben nur belangloses Zeug. Darüber zu sprechen, brachten wir beide nicht über die Lippen. Als wären wir nach einer Explosion, bei der unser Haus dem Erdboden gleichgemacht wurde, noch in den schwelenden Trümmern gleich zur Tagesordnung übergegangen. Die unausgesprochenen Fragen und Antworten standen wie eine unsichtbare Mauer aus Stahlbeton zwischen uns.
Ich hielt Paul zurück. "Du hörst auf deine Tochter und legst dich ins Bett, oder muss ich erst den Spaten verbrennen?", sprach ich mit ihm wie mit einem trotzigen Kind.
Er murrte, aber gehorchte und trottete nach oben ins Badezimmer.
Der Wasserhahn rauschte länger. Aha, er ließ sich ein Bad ein. Ungewöhnlich für meinen Mann, der sonst immer nur duschte. Also ging es ihm wirklich beschissen.
Ich folgte ihm. Er lag nackt mit geschlossenen Augen im heißen Badewasser. Bei jedem schweren Atemzug rasselte seine Lunge bedenklich. Während ich die verdreckten Arbeitsklamotten aufsammelte und in den Wäschekorb schmiss, krächzte er leise: "Meinst du nicht, unsere Tochter hat recht, und du solltest versuchen, mit deinem alten Leben abzuschließen? Warum fängst du nicht endlich an, dein Drehbuch zu schreiben, jetzt hättest du die Zeit dafür."
Mit leerem Blick starrte ich ihn an. "Möchtest du Ingwertee?"
Doch mein Mann ließ nicht locker.
"Ja, genau. Franziska ..." Ich lachte freudlos auf. "Franziska Bach wusste, worüber sie schreiben wollte, was sie vom Leben wollte. Aber Klara Himmel hat überhaupt keine Träume mehr und nicht die geringste Inspiration. Klara Himmel schafft es noch nicht einmal, einen lächerlichen Käsekuchen zu backen."
Ups, das klang weitaus frustrierter, als ich es beabsichtigt hatte. Schnell suchte ich nach einem Vorwand, das unangenehme Gespräch zu beenden. "Ich koch dir jetzt deinen Tee. Hoffentlich brennt der mir nicht auch noch an, haha!"
Paul hielt meinen Arm fest. "Es tut mir leid, ich ..."
Das überraschte mich. "Ja, mir auch ..."
Als er mich zu sich heranzog, protestierte ich jedoch: "Du bist ansteckend! Los, ab ins Bett mit dir!"
"Franzi ..." Er schlug die Augen nieder und verbesserte sich: "Klara!"
Unten im Flur klingelte das Telefon.
"Das Telefon!"
Paul hielt mich zurück: "Klara ... wir ..."
"Es könnte wichtig sein." Ich sprintete die Treppe herunter und ging ran.
"Hallo?", schallte mir eine bekannte Stimme aus dem Hörer entgegen.
"Klara Himmel. Sophie, bist du das?"
"Ja, Mama, oder klingt noch jemand anderes wie ich? Gib mir mal Paps", verlangte meine Tochter.
"Der liegt in der Badewanne."
"Dann bring ihm bitte das Telefon, es eilt!", befahl sie ungeduldig an meinem Ohr.
"Jaja, ich geh ja schon."
Ich reichte Paul das Gerät. "Siehst du, dringend!"
Er runzelte die Stirn.
"Sophie will dich sprechen."
Skeptisch blieb ich neben der Wanne stehen und hörte mit. Das hieß, ich konnte aus Pauls Mimik und den Grunzlauten, die er als Antworten von sich gab, nur raten, worum es ging. Irgendetwas Schlimmes war passiert.
Als er sie wegdrückte und im nächsten Moment aus der Wanne stieg, fragte ich neugierig: "Was ist denn los?"
"Sophies Notfall ist tot."
Ich erschrak. "Aber sie trifft doch keine Schuld?"
Paul trocknete sich wortlos im Gehen ab. Ich lief ihm ins Schlafzimmer hinterher, wo er nach frischer Wäsche im Schrank suchte. Nur dank mir fand er seine Unterhose letztendlich. Widerwillig zog er seine Uniform an und antwortete erst jetzt kurz und knapp auf meine