Sommer. Jetzt!
Seepferdchen
Sie ist zu eng«, mit gequältem Blick schob Heinz zwei Finger in den Hosenbund und sah seine Frau anklagend an. »Ich kann gar nicht atmen.«
»Es ist deine beste Sommerhose, du hast sie erst im letzten Jahr gekauft. Wie viel hast du denn zugenommen?«
Ohne zu antworten hielt Heinz die Luft an und stellte sich seitlich vor den Spiegel. Langsam atmete er wieder aus. »Ich möchte meine braune Cordhose anziehen. Die sitzt einfach besser.«
Charlotte musterte ihren Mann und biss sich auf die Lippe. Heinz bekam seine üblichen drei Winterkilos nie auf Anhieb in die Sommergarderobe. Und war jedes Jahr frustriert, trotz der Freude über den baldigen Sommer. Sie stand von der Bettkante auf, von der aus sie die Modenschau ihres Mannes verfolgt hatte. »Es nützt nichts, mein Lieber«, sagte sie und verkniff sich ein Lächeln. »Die braune Cordhose ist schon bei den übrigen Wintersachen auf dem Dachboden. In vier Wochen ist Sommeranfang, die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren und ich steige jetzt nicht hoch und suche deine alte Winterhose. Ab morgen machen wir Diät. Und vielleicht solltest du auch mal wieder über sportliche Betätigungen nachdenken. Wir wollen doch nicht mit Speckgürteln an den Strand. Ich gehe jetzt in den Garten, beeil dich mit dem Umziehen, den Strandkorb bekomme ich nicht allein aus dem Schuppen.«
Sie verschwand und Heinz sah ihr nach, bevor er kräftig ausatmete und sich mit Schwung aufs Bett fallen ließ. Der Hosenknopf sprang ab und rollte unter die Heizung.
Im Garten sah Charlotte sich zufrieden um. Die ersten Rosenknospen hatten sich schon geöffnet, es würde nicht mehr lange dauern, bis hier alles wieder so blühte und wuchs, dass sogar vorbeikommende Touristen bewundernd stehen blieben. Charlotte liebte den Sommer. Diesen Inselsommer. Natürlich war es hier auch während der anderen Monate schön, aber der Sommer war etwas ganz Besonderes. Die Sonne, das Licht, die Farben der Heckenrosen, des Strandginsters, der Hortensien, das blaue Wasser, der weiße Strand, die roten Sonnenuntergänge, die weißen Möwen im blauen Himmel. Aber bevor sie den Sommer genießen konnte, war noch einiges zu tun. Die Strandkörbe, Gartenstühle, Gartentische, Töpfe und Kübel mussten aus den Schuppen und ihrem Winterlager geholt, geschrubbt und an die richtigen Plätze gestellt werden, bevor ihre Schwägerin Inge und sie am nächsten Tag zur Gärtnerei fahren würden. Um dort jede Menge Margeriten, Geranien, fleißige Lieschen, Lobelien und was sie sonst noch so sahen, einzuladen.
Als sie gerade die Schuppentür an einem Sturmhaken befestigte, kam Heinz in seiner ältesten Jogginghose, die er etwas zu hoch gezogen hatte, heraus. Er sah sie freundlich an. »Ich wollte die hellen Sommersachen nicht gleich im Garten schmutzig machen. Ja, dann lass uns mal den Strandkorb rausschieben.«
Sie nickte und schob ihre Ärmel hoch. »Du vorn, ich hinten. Und wenn du dein Hemd über der Jogginghose tragen würdest, wäre es nicht ganz so schlimm. Und wenn du in dieser Hose auch noch Sport machen würdest, wäre es noch besser.«
»Wie lange brauchst du noch?« Inge ging neben Walter, der mit Inbrunst die Speichen seines Fahrrads abrieb, in die Hocke.
»Warum?« Stöhnend quälte sich ihr Mann hoch, bevor er ein Stück zurückhumpelte, um sein Werk zu bewundern. »Meine Gelenke müssten nach dem Winter auch mal geölt werden. Nur so nebenbei. Aber dieser Fahrradreiniger ist allererste Sahne, sieh dir das Rad an, wie neu, der ganze Winterdreck ist weg.«
»Schön, Walter«, etwas zerstreut sah Inge auf ihre Armbanduhr. »Ich müsste nämlich langsam los, Charlotte und ich wollen uns um elf Uhr vor der Gärtnerei treffen. Und jetzt ist es halb elf.«
»Ja, dann viel Spaß«, ohne den Blick vom Fahrrad zu lösen, nickte er. »Bis später.«
»Walter, du stehst mit den Rädern und dem Werkzeug mitten in der Auffahrt. Ich ka