Weihnachten auf Saltön
Kapitel 1
Kjell Albert Nilsson hatte beschlossen, sich am Weihnachtsmorgen das Leben zu nehmen.
Da er sein Restaurant über die Weihnachtsfeiertage immer geschlossen hatte, würde er erst nach drei Tagen gefunden werden. Wenn die kleine Truppe Personal reingetrampelt käme, wäre alles so wie immer. Die Tische würden seit drei Tagen mit weißen Tischdecken und roten Papierservietten zum Mittagessen eingedeckt sein, der Weihnachtsbaum im Fenster würde erleuchtet sein und die Bar sorgsam verschlossen.
Wahrscheinlich würde der Koch seinen Chef finden und ihn dann mit einem Filetmesser oder vielleicht einfach mit dem großen Kochmesser abschneiden. Aber bis dahin war noch viel Zeit.
Kabbe trat, erleichtert über seinen finsteren Entschluss, in den scharfen Wind hinaus und betrachtete die Terrasse des Restaurants Kleiner Hund. Sollte er vielleicht zum ersten Mal eine Mistel über die Tür hängen? Alle weiblichen Gäste mussten den Wirt küssen, ehe sie Platz nahmen. Alle unter dreißig. Vielleicht auch ein paar von den männlichen Gästen. Das Leben ist kurz, halt dich ran, hatte Kabbes Mutter immer gesungen. Sie kam aus Polen, lebte aber auf dem schwedischen Festland, und ihr fehlte ein Bein. Sie war mit nur einem Bein geboren, ein biologisches Wunder. Für Kabbe hatte sie oft ein aufmunterndes Wort parat.
Er sah in den Karton, in dem alle roten, gelben und blauen Lichterketten für draußen zu einem Gewirr von Kabeln verknäult waren. Von Kabbes Leben war ja nicht mehr sonderlich viel Zeit übrig, und die gedachte er wirklich nicht auf solche Probleme zu verwenden. Er war sehnig und ziemlich durchtrainiert, hatte blonde Strähnen im Haar, keine Kinder, aber eine leichte Solariumbräune. Viele Sommergäste hielten ihn bestimmt für nicht mal vierzig.
Kabbe versetzte dem Karton einen Tritt und ging wieder ins Restaurant. Das Leben hatte sich verändert, seit seine Lebensgefährtin als Bedienung gekündigt hatte, um stattdessen zusammen mit ihrer neuen Freundin Sara das erste Reformhaus der Insel aufzumachen.
»Saras und Lottens Gesundheit« stand auf einem Keramikschild über der Tür zu dem ehemaligen Milchgeschäft. Das Schild war ihre erste Tat gewesen, und nach einem Ansturm Neugieriger hatte Lotten noch ein Pappschild an die Tür gehängt: »Eröffnung in Kürze«.
Sowie die beiden den Plan ausgeheckt hatten, einen Laden aufzumachen, hatte Lotten ihn verlassen und war in die Villa ihres verstorbenen Bruders Karl-Erik Månsson gezogen. Das heißt, in der Villa lebte Lizette, die Tochter des Konservenfabrikanten. Lotten musste im Gartenhaus wohnen, der Heimstatt aller freigelassenen Frauen auf Saltön. Sie wohnte dort einfach und gemütlich. Aber als Kabbe ihre Reisetaschen dorthin gebracht hatte, war ihm aufgegangen, dass sie das kleine Gästehaus keineswegs allein bewohnte, sondern es mit Sara teilte. Doch er hatte sich im Griff.
»Sprecht ihr sogar nachts über Eskimofett und Sibirischen Ginseng?«, hatte er gefragt und sein besonderes, schiefes kleines Lächeln aufgesetzt.
Die Frauen hatten sich nur verliebt angeschaut, als würden sie ein großes Geheimnis miteinander teilen.
Kabbe hatte einfach weitergelächelt. Er war kein Mann, der einfach die Fassung verlor.
Und rechnen konnte er. Innerhalb kürzester Zeit hatte er zwei Bedienungen und eine Lebensgefährtin verloren.
Die Großstadtpflanze Sara hatte er wegen hartnäckiger Aufmüpfigkeit rausgeschmissen. Lotten hatte ihn ohne ein unfreundliches Wort verlassen. Und das, wo sie all die Jahre immer so eifersüchtig gewesen war, welche Szenen hatte es nicht gegeben! Aber jetzt war sie einfach aus seinem Leben rausspaziert, frischer und lebendiger denn je und mit einem zerstreuten kleinen Lächeln auf den Lippen. Als ob ihm das was ausmachen würde. Ihm war sowieso alles egal. Und das war genau das Problem.
Er hatte zwei neue Bedienungen eingestellt, doch denen fehlte es an Routine. Die eine war ein langbein