Zwei Herzen und ein Weihnachtswunder
1. Dezember
Nika
»Last christmas, I gave you my heart but the very next day, you gave it away ...«
Nika schlug glücklich die Augen auf.
Gab es etwas Schöneres, als von dem Weihnachtslied schlechthin geweckt zu werden? Nicht für Nika. Gut, der Vorrat an Schokoladen-Dominosteinen in ihrem Wandschrank vielleicht. Obwohl der mittlerweile von zwölf auf sechs Pakete geschrumpft war. Sechs Pakete ... ein Grund, nervös zu werden? Sicherheitshalber sollte sie heute welche kaufen.
Eine verschlafene Stimme meldete sich: »Kannst du dich nicht von 'nem anderen Lied wecken lassen? Ich hasse Last Christmas.«
Nika sah hinüber zur anderen Betthälfte. Verschlafen, aber immer noch traumhaft schön lag er neben ihr: Kai. An manchen Tagen konnte Nika ihr Glück gar nicht fassen.
Vom ersten Moment an war sie von Kai hin und weg gewesen: groß, dunkle Haare - und die strahlendsten blauen Augen, die sie je gesehen hatte.
Sie hatte sein Foto direkt neben den Computer in ihrem Arbeitszimmer gehängt.
Seitdem war an Arbeiten natürlich nicht mehr zu denken gewesen. Sie vergaß sogar, ihre geliebten Dominosteine zu essen. Unglaublich!
Dabei war Nika noch mal die Angaben seiner Freunde durchgegangen, die sie beauftragt hatten, für diesen traumhaftesten aller Traummänner eine Kontaktanzeige zu schreiben. Wichtigster Punkt auf der Liste: Er war auf der Suche nach der Frau fürs Leben. Wie viele Typen hatte Nika schon gedatet, die nur auf das schnelle Abenteuer aus waren. Absolutes Highlight war Berthold gewesen (Berthold - bei diesem Namen hätte sie eigentlich schon stutzig werden sollen): Extrem öko, an sich nicht verkehrt, aber er hatte eine Kommune geplant. Und damit die Kosten über eine Angorakaninchenzucht finanzieren wollen. Angorakaninchen? Also wirklich!
Aber zum Glück waren diese Zeiten vorbei.
Jetzt hatte sie Kai.
Wobei ... hatte sie das wirklich? Ihr Beziehungsstatus war, nun ja, in der Schwebe. Man könnte auch sagen: Sie hatten eine Affäre. Aber das klang immer gleich so unverbindlich.
»Hallo ... hallo!«
Nika wurde aus ihren Gedanken gerissen. »Was?«
»Die Musik, kannst du die endlich ausmachen?«
»Ach so, klar.«
Nika stellte den Handy-Wecker aus.
Kai drehte sich noch mal um und schloss die Augen. Wie unglaublich gut er dabei aussah. Wahnsinn!
Wenn Nika morgens in den Spiegel blickte, waren ihre Augen verquollen, und ihre Haare sahen aus, als hätte sie in eine Steckdose gefasst.
Manchmal war das Leben einfach ungerecht.
Ihre Freundin Pia würde sagen: »Dafür hast du andere Vorzüge.«
Doch welche Vorzüge waren das?
Ihr Job als freie Texterin für Kontaktanzeigen hatte nach dem Spanien-Debakel nur für den Übergang sein sollen. Doch dann war sie dabei geblieben. Warum auch nicht? Menschen zusammenzubringen, für sie den Amor zu spielen, das fand Nika unheimlich romantisch. Aber von Neuorientierung war seitdem keine Rede mehr gewesen. Zielstrebigkeit war also keiner ihrer Vorzüge.
Ihr Aussehen auch nicht - leider. Sie bewegte sich mal wieder dramatisch auf Größe 42 zu. Die Vorweihnachtsleckereien waren einfach zu verführerisch und ließen die neue Jeans in Größe 38, von der sie sich einen extrem knackigen Hintern versprach, im Kleiderschrank weit nach hinten rücken.
Ha!
Genussmensch.
Das war doch ein Vorzug. Obwohl ... diesen Ausdruck benutzte sie in ihren Kontaktanzeigen immer für Übergewichtige. Und übergewichtig war sie ja wohl nicht.
Nur ein bisschen außer Form.
Sport würde helfen, das wusste sie, aber Nika hasste Sport. Sie war sozusagen das Unsporty Spice Girl. Dabei war es ja so hip, sportlich zu sein. Natürlich war auch sie in einem Fitnessclub angemeldet und zahlte fleißig die Mitgliedsgebühren - doch wie oft war sie da gewesen?
Zwei, drei Mal?
Ihre Schwester Eva, die sie zur