Laufen
Laufen - eine menschliche Ureigenschaft
Königssöhne mussten jeden Tag einen Lauf absolvieren und bekamen nichts zu essen, ehe sie dies erledigt hatten, weshalb sie stets früh am Morgen starteten.
Unbekannte ägyptische Quelle
D er Biologe Dennis Bramble und der Anthropologe Daniel Lieberman behaupten, der Mensch habe sich vor über zwei Millionen Jahren von seinen affenähnlichen Vorfahren weiterentwickelt, weil er lange Distanzen laufen musste, um in den afrikanischen Savannen Tiere zu jagen. Damals versteppten große Waldgebiete durch einen Klimawandel, und die Lebensbedingungen änderten sich. Die Gattung des Australopithecus , die den aufrechten Gang beherrschte, war dadurch im Vorteil, und mit der Zeit entwickelte sich eine Anatomie, die den Langstreckenlauf möglich machte - ein wichtiger Schritt in der Evolution des Menschen. Die Körperform unserer Vorfahren änderte sich, als sie mit den Füßen auf den Boden auftraten; das Laufen machte sie anatomisch betrachtet zu Menschen. 19
Bramble und Lieberman widersprachen etablierten Theorien, nach denen das Laufen lediglich eine Weiterführung des aufrechten Gangs sei. Diesen beherrschte der Australopithecus bereits vor 4,5 Millionen Jahren, aber gleichzeitig schwang er sich noch von Baum zu Baum. Obwohl schon der Homo aufrecht ging, dauerte es noch mindestens drei Millionen Jahre, bis der Homo sapiens entstand. In dieser Periode hatten unsere Vorfahren wenig mit dem heutigen Menschen gemein. Folglich kann die bloße Fähigkeit zum aufrechten Gang nicht der allerwichtigste Schritt in der Evolution des Menschen sein. Im Gegensatz zum Menschen hatte der Australopithecus kurze Beine, lange Arme und einen muskulösen, affenähnlichen Körper. Bramble und Liebermann: "Wenn die natürliche Evolution nicht das Laufen favorisiert hätte, sähen wir noch heute den Affen ähnlicher." 20
Die beiden Wissenschaftler studierten 26 charakteristische Merkmale des menschlichen Körpers und verglichen sie mit homininen Fossilien, unter anderen des Homo erectus ("aufgerichteter Mensch"), der vor ca. 1,8 Millionen Jahren bis vor ca. 40 000 Jahren lebte, und des Homo habilis ("geschickter Mensch"), der auch "Urmensch" genannt wird und dessen Skelettfunde über 2,5 Millionen Jahre alt sind. Sehnen an Beinen und Füßen, federnde Bänder und effektive Zehen verwandelten die Gattung in einen Läufer. Der Mensch machte größere Schritte, und sein Körper dämpfte die Stöße beim Auftreten. Skelett und Muskeln stabilisierten den Körperbau, ein guter Gleichgewichtssinn sorgte für die nötige Balance, und mehrere Millionen Schweißdrüsen verhinderten ein Überhitzen des Körpers.
Die Fähigkeit, zu schwitzen und Wärme zu ertragen, befähigte den Menschen zu größerer Ausdauer und erleichterte die Jagd auf schnellere Tiere. Noch heute jagen afrikanische Buschmänner zu Fuß Antilopen, bis diese überhitzen und damit zur leichten Beute werden.
Laufen ist eine menschliche Ureigenschaft, die auf viele Weise genutzt wird.
Ein königlicher Langstreckenlauf
König Schulgi herrschte von 2094 bis 2047 v. Chr. über Sumer, das südliche Mesopotamien. Er war allmächtig: Priester und König, General und Steuereintreiber in einer Person. Der König sorgte dafür, dass seine Untertanen Getreide und andere Waren an die Tempel ablieferten - die Tempel waren gleichzeitig Bank, auch Lohn wurde dort ausbezahlt.
Im Jahre 2088 v. Chr. gab es in den heiligen Städten Nippur und Ur (beide südlich des heutigen Bagdad) große Dankfeste. König Schulgi versprach, an beiden Festen teilzunehmen. Dazu musste er von einem Sonnenuntergang bis zum nächsten von Nippur bis Ur und zurück laufen - insgesamt 320 Kilometer. 21 Er trug eine rituelle Tracht aus exklusivem Stoff, die allein ihm vorbehalten war, eine Mütze und einen falschen Bart. Wie die meisten Sumerer war er von kleinem Wuchs